Die einzige in Deutschland heimische Hornissenart Vespa crabro hat vor kurzem Gesellschaft bekommen: Vespa velutina breitet sich von Südwesten her aus. Beide Arten sind äußerst interessante
Räuber - und wer über ihre Lebensweise Bescheid weiß, braucht keine Angst zu haben.
Besonders die Imkerinnen werden Überschneidungsbereiche mit der Asiatischen Hornisse haben: Sie zeichnet sich durch ein spezielles Jagdverhalten aus, bei dem sie vor allem Honigbienenvolker im Auge hat. Dabei fliegt sie schwebend vor dem Eingang eines ausgewählten schwachen Bienenvolkes - mit dem Hinterleib zum Flugloch gewandt - und fängt die heimkehrenden Sammelbienen aus der Luft.
Einzelfälle oder Tausende von Fällen? Berufsimker aus Frankreich versuchen die deutschen Kollegen zu warnen. Sie sprechen von "Plünderungen" (DBIB 2014) im Sommer und Herbst, wobei z.T. weder Bienen noch Brut, Pollen oder Honig zurückbleiben. Sie berichten auch davon, dass dass ein Volk ungefähr 1500 Königinnen aufziehen könne und haben Angst vor Individuenzahlen von bis zu 40000 (DBIB 2014). Besonders kleinere Stände mit wenigen Völkern sollen betroffen sein (Hug 2015). Natürlich sind vor allem schwache Bienenvölker mit geringen Bienenzahlen gefährdet.
Die deutschen Bieneninstitute und auch der Naturschutz rät bisher dazu, Ruhe zu bewahren. Sie betonen, dass die hier nun vorhandene Varietät Vespa velutina nigrithorax, nur eine von sechs in
Asien heimischen Arten ist. Die Asiatische Honigbiene Apis ceranae werde dort oft von Hornissen angegriffen, die aber anderen, aggressiveren Unterarten angehörten. Dass Hornissen Völker direkt
angreifen, in sie eindringen und sie völlig ausräumen, sei hier nicht oder nur in wenigen Fällen beobachtet worden. (Michel 2014, NABU 2014).
Imkerlich sei den Hornissen so wie den bisher bekannten Europäischen Hornissen zu begegnen: Im Spätsommer die Fluglöcher verengen, damit die Völker sich besser verteidigen können. Äste oder
Gebüsch vor dem Flugloch hält die Räuber vom Lauerflug ab.
Nur in Ausnahmefällen müssten weitere Maßnahmen, wie Fallen für die jagenden Hornissen, ergriffen werden.
An den Universitäten Tours und Bordeaux, die auch die rasante Ausbreitung der Tiere dokumentierte, werden nun Fallen entwickelt, die gezielt die Arbeiterinnen, aber vor allem die Königinnen von Vespa velutina einfangen sollen. Dies ist vor allem im Frühjahr vor der Nestgründung und im Spätsommer, wenn die Jungköniginnen zur Begattung ausfliegen, wichtig.
Dennoch denken viele Imkerinnen in Frankreich, dass die Behörden sie zu wenig unterstützen. Daher wurden viele Imkerinnen mit Fallen oder der Zerstörung der Nester selbst aktiv. Dies ist vor
allem im städtischen Gebiet oft schwierig, weil die Nester schwer zu finden sind. In Frankreich sind die Naturschutzbestimmmungen hinsichtlich des Hornissenschutzes auch nicht so stark wie in
Deutschland. Wer hierzulande willentlich Hornissennester zerstört, macht sich strafbar. Ob diese Regelung nun bezüglich Vespa velutina geändert werden sollte, wird sich in naher Zukunft
zeigen.
Auch beim Großimker-Tag in Soltau wurde viel über die zukünftigen Entwicklungen und das Schadpotential von Vespa velutina spekuliert. Einig waren sich die Imkerinnen, dass die Entwicklungen genau
im Auge behalten werden sollte. Im Vergleich zum kleinen Beutenkäfer - einem anderen Parasit in Honigbienen-Völkern, dessen Ausbreitung hier erwartet wird - wird die Lage allgemein kritischer
eingeschätzt, da keine effektiven 'Bekämpfungsmethoden' gegen die Hornisse bekannt sind. Es bleibt nur übrig, das Volk aus dem Flugradius weg, also mindestens drei km, zu verstellen. So finden es
auch die darauf eingeflogenen Hornissen nicht wieder.
An großen Bienenständen wird das Problem wahrscheinlich nicht sehr gravierend sein, zumindest im Vergleich zu schwer nachweisbaren Pestizid-Schäden und der Varroaproblematik im Moment eher das
kleinere Übel. Für kleinere Imkereien mit nur wenigen Völkern ist ein solcher Spätsommer - Verlust aber natürlich schwer. Vorbereitung und offene Augen können jedoch helfen, die Gefahr
rechtzeitig zu erkennen und damit umzugehen.
Vespa velutina nigrithorax hat Deutschland erreicht. Nachdem erste Tiere 2005 bei Bordeuax gesichtet wurden, hat sie sich in den letzten Jahren immer weiter ausgebreitet, nun auch in Südwest-Deutschland.
Diese Entwicklung sollte genauestens beobachtet werden.
Eine einzelne Königin, die wohl auf einem Frachter aus China war, konnte so ihre Gene in ganz Westeuropa verbreiten. 2009 wurden erste Individuen bei Tours im Westen Frankreichs gesichtet. Nach
vier Jahren wurden dort schon 500 Nester gefunden. 2011 Belgien, 2013 Italien... und Ende 2014 Deutschland. Im vergangenen September konnte die Biologin Eva Arnold in ihrem Garten in Karlsruhe
erste Fotos von dieser dunkelbraunen bis schwarzen Hornissenart machen (NABU 2014). Mit ca. zwei bis drei cm Körperlänge ist sie etwas kleiner und schlanker als unsere gelbe Hornisse Vespa
crabo. Charakteristisch ist, das der Hinterleib erst ab dem vierten Segment gelb ist. Die Füße (Tarsalglieder) sind hier gelb (schwarz bei der Europäischen Hornisse). Ihre bis zu 80cm langen
Nester baut Vespa velutina vorwiegend frei hängend in Baumwipfeln (NABU 2014).
Tierisches Eiweis ist wichtig für die Tiere: Die Brut wird damit versorgt. Erwachsene Tiere besuchen entweder Blüten und nutzen die Kohlenhydrate des Nektars oder bedienen sich an reifen Früchten (www.hornissenschutz.de). Ein Nest enthält ca. 700 Individuen (Michel 2014), Imker befürchten deutlich mehr (DBIB 2014) - der Nahrungsbedarf ist jedenfalls nicht unbedeutend.
Die Beschaffungsmethode ist einfach: Im Flug kleinere Insekten fangen; Beine, Kopf und Hinterleib abtrennen; die nahrhafte Flugmuskulatur mit zum Volk nehmen oder direkt
verspeisen.
Ob die Hornisse die Europäische Hornisse verdrängen kann, ist fraglich. Ein großer Unterschied in der Reproduktionsbiologie ist, dass V. velutina im Frühjahr etwas früher auftaucht. Auch ihre
etwas stärkere Individuenzahl und die höhere Zahl der Jungköniginnen zeichnet sie aus.
Vespa velutina könnte ein Fressfeind für viele wildlebende Insekten werden. Ob sie auch für die Honigbienen bedrohlich ist, bleibt umstritten.
Um diese Fragen zu beantworten, ist jede Sichtung dieser Hornissenart von Bedeutung und sollte dokumentiert werden. Daher: Schnell zur Kamera greifen und das Foto mit anderen teilen - z.B.
hier.